Beeilung B2B — UX wartet (noch)!

Im B2B-Bereich liegt der Fokus eher auf der Funktionalität und der Vermittlung von möglichst vielen Informationen. Eigene Unternehmensstrukturen werden dargestellt und es wird weniger auf die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Nutzer geachtet.

Fakt ist jedoch, dass gerade im B2B eine durchdachte User Experience (Entscheidungs-)Prozesse beschleunigen, Fehler minimieren und die (potenzielle) Kundenzufriedenheit deutlich steigern kann. Wenn digitale Produkte, Software oder Systeme intuitiv und benutzerfreundlich gestaltet werden, steigt die Effizienz, was letztlich zu Kosteneinsparungen und höherer Produktivität führt. 

B2B ist nicht B2C – kann aber trotzdem davon lernen

Im B2C-Bereich suchen Anwender in der Regel nach schnellen, intuitiven Lösungen, die leicht zugänglich und leicht verständlich sind. Emotionale Entscheidungen werden getroffen, daher ist Einfachheit der Schlüssel. Mit einem klaren Fokus auf Benutzerfreundlichkeit, visuellen Erlebnissen und einfachen User Journeys geht es darum, eine unmittelbare, positive User Experience zu schaffen, die den Nutzer im digitalen Umfeld zu einer Kaufentscheidung oder Interaktion motiviert. 

Auf der anderen Seite denken und navigieren B2B-Kunden rational. Ihr Fokus bei der Interaktion mit digitalen Benutzeroberflächen liegt auf Effizienz und Produktivität. Dabei handelt es sich überwiegend um Fachleute, Entscheider oder ganze Organisationen, deren Bedürfnisse und Anforderungen weitaus komplexer sind. „Gartner“ hat sich dem Thema der sich wandelnden B2B User Journey etwas genauer gewidmet.

Während sich die Mitarbeiter in der Produktentwicklung vor allem für detaillierte Produktdaten interessieren, interessieren sich Geschäftsführer als Entscheider für Kosten und Effizienz – ihre einzige Frage lautet: „Ist das rentabel oder nicht?“ Dies erfordert ein tiefes Verständnis der Bedürfnisse und Arbeitsprozesse der jeweiligen Nutzergruppen, was viele qualitative und quantitative Studien erfordert. Verlässliche und qualitativ hochwertige Daten sind daher eine wesentliche Grundlage für eine exzellente User Experience. 

Auch die Integration in bestehende Systemlandschaften (CRM, PIM, ERP etc.) und Prozesse spielt eine wichtige Rolle, was die Anforderungen und die Komplexität des UX-Designs erhöht. Eine Benutzeroberfläche muss in der Lage sein, mit diesen umfangreichen Daten, Funktionen und Erwartungen umzugehen und gleichzeitig klare und intuitive User Journeys zu bieten. 

B2B bietet einige Herausforderungen

Komplexe Stakeholder-Strukturen:

In 99 von 100 Fällen sind verschiedene Stakeholder oder Stakeholder-Gruppierungen an der Produktentscheidung beteiligt, Mitarbeiter aus der IT, dem Einkauf oder sogar Endanwender innerhalb einer Organisation. Jede dieser Gruppen hat unterschiedliche Anforderungen, Nutzermotive und Prioritäten, die es zu beachten gilt. Der Designprozess muss daher alle Interessen in Einklang bringen, was ihn um einiges komplexer macht.   

Einen separaten Artikel über die verschiedenen Stakeholder-Charaktere, ihre Persönlichkeiten und wie man die Nutzer-Perspektive einbringt, werde ich zeitnah an dieser Stelle veröffentlichen. 

Lange Verkaufs- und Onboarding-Zyklen:

Im Vergleich zum B2C-Bereich, wo Kaufentscheidungen oft impulsiv und schnell getroffen werden, sind die Verkaufszyklen im B2B in der Regel deutlich länger. Produkte müssen auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten werden, was oft intensive Verhandlungen und Anpassungen erfordert. Auch das Onboarding ist ein wichtiger Aspekt, da Produkte oft komplex sind und umfangreiche Benutzerschulungen von Nöten sind. 

Qualitative Daten und Entscheidungsfindung:

Während wir im B2C auf quantitatives Feedback wie Klicks, Conversion-Rates und andere messbare Daten für den Endverbraucher setzen, basiert die Entscheidungsfindung im B2B oft auf qualitativen Daten. Kundenfeedback, Benutzertests und detaillierte Workflow-Analysen sind entscheidend, um die Bedürfnisse der Benutzer vollständig zu verstehen und darauf zu reagieren. .

Die fünf goldenen UX-Regeln im B2B

  1. Nützlich („Useful“)
    Jedes digitale Erlebnis sollte in der Lage sein, echte Kundenprobleme effektiv zu lösen. Denken wir an Amazon: Es hat die Online-Produktsuche im B2C durch personalisierte Empfehlungen erobert. Was viele nicht wissen: Amazon erwirtschaftet derzeit einen riesigen Teil seines Gewinns mit dem B2B-Cloud-Dienst „Amazon Web Services (AWS)“. 
  2. Brauchbar („Usable„)
    Die Kernaufgabe des UX-Designs ist es, den Nutzern die Bedienung zu erleichtern. Unternehmen wie Apple oder Airbnb haben ihre Branche revolutioniert, indem sie intuitive Benutzeroberflächen gestaltet haben. Doch während B2C-Nutzer oft emotional interagieren und entscheiden, ist es für den B2B-Nutzer die tägliche Arbeit: 8 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche. Die Zeit der Nutzer ist kostbar – erfolgreiche Anbieter achten daher darauf, jede Interaktion wertvoll zu machen. 
  3. Auffindbar („Findable“)
    Google hat sein Imperium auf der Vision aufgebaut, Informationen und Produkte so auffindbar wie möglich zu machen. In vielen B2B-Fällen sind Einkaufsprozesse jedoch sehr komplex und schwer zu verwalten. Gerade bei komplexen Produktstrukturen und mehrstufigen Einkaufsprozessen ist es unerlässlich, Kunden schnell und einfach zu relevanten Informationen zu führen.
  4. Wertvoll („Valuable“)
    Es besteht kein Widerspruch zwischen der Steigerung der Nutzerzufriedenheit und der gleichzeitigen Steigerung des ROI, sondern vielmehr das Gegenteil. Moderne Customer-Support-Lösungen sind ein gutes Beispiel: KI-gestützte Self-Services sorgen nicht nur für kürzere Wartezeiten bei Kunden, sie steigern auch die Produktivität der Call-Center-Agenten und deren Kosteneffizienz. 
  5. Glaubhaft („Credible“)
    Vertrauen kann man nur langsam aufbauen, jedoch schnell zerstören. Unternehmen versuchen daher immer mehr, ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen, indem sie ihr Markenimage mit einem Bekenntnis zu Nachhaltigkeit oder Transparenz verknüpfen („Corporate Social Responsibility“). Beispiele dafür sind nicht nur die Potenziale der Nutzung und Verknüpfung von Kundendaten der eigenen Technologien, sondern auch der verantwortungsvolle Umgang mit Personen- und Präferenzdaten.  

B2B / UX Trends 2024

Im B2B UX Design gibt es schon seit einiger Zeit interessante Trends, Personalisierung ist hier ein wichtiges Stichwort. Durch den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) können Muster im Nutzerverhalten erkannt und auf Basis dieser Informationen relevante Inhalte angezeigt werden. Die Schlüsselrolle der Hyperpersonalisierung und der kontextuellen UX/CX im B2B-Bereich werde ich in einem kommenden Artikel behandeln.  

Die zunehmende Bedeutung von plattformübergreifenden Lösungen, die nahtlos auf verschiedenen Geräten und Betriebssystemen funktionieren, ist auch für B2B-Unternehmen ein Muss. Nicht nur eine Website, sondern eine Digital bzw. Service Experience Platform zu erstellen, wird in Zukunft noch wichtiger werden. 

Long story short

The requirements of B2B users for digital products are increasing. It is therefore essential for companies to identify these and derive optimizations. By investing in a sustainably improved UX, a significant competitive advantage can be secured. Even more, an increase in user satisfaction and productivity can lead to higher company profitability in the long term.